Filesharing: Darlegungslast des Verletzers

News: 26.11.2014 in Filesharing
Filesharing: Darlegungslast des Verletzers
Mit Urteil vom 19.11.2014 hatte das Amtsgericht München, Az. 171 C 25315/13, über eine Urheberrechtsverletzung in Form des Filesharing zu entscheiden, in der der Anschlussinhaber, über dessen Internet Zugang eine P2P-Urheberrechtsverletzung begangen worden sein soll vortrug, dass er zur Tatzeit auswärtig und bei der Arbeit war. Der Beklagte und Anschlussinhaber ließ vortragen, er habe zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Urheberrechtsverletzung mit seiner Familie zusammen gewohnt. Sämtliche Familienmitglieder hätten in gleicher Weise wie er auf den Internetanschluss zugreifen können. Es habe 2 Computer gegeben, die zur eigenständigen Nutzung bereit gestanden hätten. Die Familie des Beklagten bestand zum damaligen Zeitpunkt aus der Ehefrau und 2 gemeinsamen Kindern im Alter von 18 und 20 Jahren. Der Beklagte trägt vor, er wisse nicht, wer von seinen Familienmitgliedern die Rechtsverletzung begangen habe. Er habe nach dem Erhalt des Abmahnschreibens seine Familie befragt und alle Familienmitglieder hätten eine Tat geleugnet. Der Internetzugang erfolgt über WLAN, der WLAN-Zugang ist über einen 8-stelligen Code verschlüsselt, lediglich die Familienmitglieder und er hätten Zugang. In der lesenswerten Entscheidung äußert der Richter zuerst einmal sein Unverständnis dafür, dass überhaupt von einer „tatsächlichen Vermutung" ausgegangen werde, dass eine Urheberrechtsverletzung von dem Anschlussinhaber begangen werde. So allerdings bereits der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2010, I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens. Der Richter des Amtsgerichts München führt in seinem Urteil nunmehr aus, dass ihm persönlich gar keine Studie oder andere wissenschaftliche Untersuchungen bekannt seien, in denen das Nutzerverhalten von Anschlussinhabern und anderen Personen mit faktischer Zugangsmöglichkeit untersucht worden wäre. Die These, dass ein Anschlussinhaber in erster Linie den Internetanschluss selbst nutze, gehe zur vollen Überzeugung des Richters an der Lebenswirklichkeit vorbei. Gerade in Familien ist eher dem Zufall geschuldet, welches volljährige Familienmitglied den Vertrag mit dem Internet Service Provider abschließt. Die Ausführungen des Amtsrichters sind ohne weiteres nachvollziehbar und der Lebenswirklichkeit geschuldet. Er fährt fort, dass er selber z.B. ohne Heranziehung der fraglichen Unterlagen auf Anhieb gar nicht angeben könne, ob er selbst oder aber seine Ehefrau Anschlussinhaber des häuslichen Anschlusses sei. Was gelten solle, wenn mehrere Personen einen Vertrag abschließen, erschließe sich dem Gericht ebenso wenig. Diesen zutreffenden Feststellungen lässt der Richter nunmehr den Hintergrund für die „tatsächliche Vermutung" folgen „der Bundesgerichtshof hat das Konstrukt der tatsächlichen Vermutung entwickelt, um den besonderen Herausforderungen in Tauschbörsenpiraterie gerecht zu werden und einen sinnvollen Lastenausgleich zu schaffen." Hierzu folgert das Amtsgericht, das es nun naturgemäß nicht einfach sei, diesen Lastenausgleich im Einzelfalle vorzunehmen, da nicht klargestellt werde, auf welchen Grundlagen die tatsächliche Vermutung begründet werden soll. Es ist von daher nur schwer zu beurteilen, welche tatsächlichen Anknüpfungstatsachen geeignet und hinreichend sein können, die Vermutung zu erschüttern oder zu widerlegen. Es bleibe lediglich die Möglichkeit einer Gesamtbetrachtung unter Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles. Und nun führt das Amtsgericht aus, dass der Vortrag des Beklagten nachvollziehbar, schlüssig und substantiiert war. Er hat geschildert, dass er an dem Vorfallstag arbeiten war, er hat dies belegt, und zwar durch einen Zeugen, der in nachvollziehbarer Weise anschaulich schildern konnte, warum er den Ablauf des fraglichen Tages noch konkret nachvollziehen könnte. Das Gericht hatte auch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und an der Glaubhaftigkeit seiner konkreten Angaben. Das Gericht habe von daher davon auszugehen, dass der Beklagte zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause war. Er hatte darüber hinausgehend weder die anderen Nutzer seines Anschlusses zu überwachen noch die Nutzung zu dokumentieren. Die tatsächliche Vermutung sei von daher hinreichend erschüttert. Es besteht aufgrund der weiteren Familienmitglieder die Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufes. Eine Inanspruchnahme des Beklagten als Störer scheide ebenfalls aus, da ein Fehlverhalten im Umgang mit dem Internetanschluss ihn nicht vorwerfbar sei. Entsprechend der nunmehrigen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass die Belehrung volljähriger Familienmitglieder grundsätzlich dem Inhaber nicht obliegt. Die Klage wurde abgewiesen.